1. Grundlagen: Was regeln die Normen?
- DIN 51524 (Teil 1–3):
- Definiert die Leistungsmerkmale, Additivierung und Viskositätsbereiche von Hydraulikölen auf Mineralölbasis für den deutschen Markt.
- Teil 1: HL-Öle
- Teil 2: HLP-Öle
- Teil 3: HVLP-Öle
- (Darüber hinaus existieren Sonderformen wie HLPD oder HVLPD.)
- ISO 6743/4 und ISO 11158:
- Beschreiben hydraulische Fluids anhand von Kategorien (HL, HM, HV, HG, …).
- International weit verbreitete Einteilung, besonders in Maschinenbau und Exportmärkten.
- AFNOR NF E 48-603 (Frankreich):
- Enthält ebenso eine Einteilung in HL, HM, HV usw.
- Eng an die ISO-Nomenklatur angelehnt.
- Auf dem französischen Markt bzw. bei französischen Herstellern relevanter.
2. Wichtige Kürzel im Vergleich
Die folgende Tabelle zeigt die gängigsten Kürzel in DIN, ISO/AFNOR und beschreibt ihre zentralen Eigenschaften:
Kürzel | DIN 51524 | ISO 11158 / ISO 6743/4 | AFNOR NF E 48-603 | Hauptmerkmale |
---|---|---|---|---|
H | – | – | – | Reines Mineralöl ohne Zusätze (historisch, kaum noch im Einsatz). |
HL | DIN 51524-1 (HL) | HL | HL | Oxidations- und Korrosionsschutz, für moderate Drücke, thermische Anforderungen noch begrenzt. |
HLP | DIN 51524-2 (HLP) | HM | HM | Verschleißschutz (AW/EP-Additive) + Oxidations- und Korrosionsschutz, Standard für Drücke > 200 bar. |
HVLP | DIN 51524-3 (HVLP) | HV | HV | Wie HLP/HM, jedoch hochviskos (High Viscosity Index), breiter Temperatureinsatz, weniger schwankende Viskosität. |
HLPD | (Sonderfall, nicht in 51524 selbst) | – | – | Wie HLP, jedoch detergierend/dispergierend (D). Besserer Umgang mit Schmutz, Wasser. Nur national (DE) üblich. |
HVLPD | (Sonderfall) | – | – | Kombination aus hohem VI + detergierenden Additiven, selten spezifisch erwähnt, aber teilweise verfügbar. |
Hinweis: AFNOR NF E 48-603 folgt im Wesentlichen der ISO-Systematik (HL, HM, HV). Daher können Sie davon ausgehen, dass HM in ISO/AFNOR dem HLP nach DIN entspricht und HV dem HVLP.
3. Wie unterscheiden sich HL, HLP, HVLP und Co. konkret?
- HL (DIN 51524-1 / ISO HL)
- Enthält Additive gegen Korrosion und vorzeitige Ölalterung.
- Eingesetzt bei Drücken bis ca. 200 bar und eher „normalen“ thermischen Beanspruchungen.
- Heute weniger gängig, da viele Anwendungen höhere Anforderungen an Verschleißschutz haben.
- HLP (DIN 51524-2) / HM (ISO 11158 / ISO 6743/4)
- Zusätzlich mit verschleißmindernden (Anti-Wear / AW) und Hochdruck-Additiven (EP).
- Bietet mehr Schutz bei höheren Drücken (>200 bar) und thermischen Belastungen.
- Weit verbreitet und oft als Standard-Hydrauliköl bezeichnet.
- HVLP (DIN 51524-3) / HV (ISO 11158 / ISO 6743/4)
- Wie HLP/HM, jedoch mit hohem Viskositätsindex (VI).
- Weniger starke Viskositätsänderung bei Temperaturwechseln (Kaltstart, hohe Hitze).
- Typische Wahl für mobile Hydraulik, Baumaschinen oder Außeneinsatz, wo Temperaturschwankungen hoch sind.
- HLPD
- Enthält zusätzlich detergierende (= reinigende) und dispergierende Additive, um Verschmutzungen oder Wasser aufzunehmen und im Öl zu verteilen, anstatt sie abzulagern.
- Nützlich in sehr schmutz- oder feuchtebelasteten Systemen.
- Nicht international genormt, hauptsächlich eine deutsche Klassifizierung.
- HVLPD
- Kombination der Eigenschaften von HVLP (hoher VI) + detergierendem Additivpaket (HLPD).
- Keine eigenständige DIN-Norm, aber Produkte sind vereinzelt am Markt.
4. Beispiele für den Praxiseinsatz
- Industrielle Hydrauliksysteme (Pressen, Spritzguss, Werkzeugmaschinen)
- Meist HLP (HM) bei stabilem Temperaturumfeld.
- Bei stark variierenden Temperaturen oder empfindlichen Steuerblöcken → HVLP (HV).
- HLPD/HVLPD bei hohem Verschmutzungsgrad (z. B. Zementindustrie).
- Mobile Hydraulik (Baumaschinen, Gabelstapler, Forst-/Landtechnik)
- Generell sind HVLP-Öle beliebt, da Außentemperaturen stark schwanken.
- Falls wenig Temperaturschwankung und mittlere Druckbereiche: HLP kann genügen.
- Landwirtschaftliche Traktoren, Maschinen
- Häufig eigene Klassifizierungen: STOU oder UTTO für kombiniert genutzte Ölkreisläufe (Getriebe, Hydraulik, Nassbremsen).
- Sollten dennoch bestimmte DIN/ISO-Klassen erfüllen (z. B. HLP/HVLP-Eigenschaften) je nach Herstellerfreigabe.
5. Weitere Normen und Spezialfälle
- Flammbeständige Hydrauliköle (z. B. HFA, HFB, HFC, HFDU)
- In DIN EN ISO 12922 definiert, kommen in Stahlwerken, Gießereien oder Bergbau zum Einsatz.
- Nicht direkt Teil von DIN 51524, aber ebenfalls von ISO 6743/4 klassifiziert.
- Biologisch abbaubare Hydrauliköle (HEES, HETG, usw.)
- Besonders in umweltsensiblen Bereichen (Forst, Wasserbau) vorgeschrieben.
- Können nach DIN 51524-x eingestuft sein, bieten aber zusätzlich eine Bio-Zertifizierung (z. B. VDMA 24568).
6. Kriterien für die Ölwahl
- Norm-Vorgaben: Halten Sie sich an die Maschinen-/Herstellerempfehlungen (z. B. „DIN 51524-2 HLP 46“).
- Viskosität: Berücksichtigen Sie Betriebstemperatur, Kaltstartanforderungen und Druckbereiche. Gängige Viskositäten sind
- ISO VG 15
- Sehr dünnflüssig, ideal für kühle Temperaturen und feinfühlige Steuerungen.
- ISO VG 22
- Sehr dünnflüssig, ideal für kühle Temperaturen und feinfühlige Steuerungen.
- ISO VG 32
- Ausgewogenes Verhältnis von Fließfähigkeit und Schmierleistung, universell einsetzbar.
- ISO VG 46
- Mittlere Viskosität, bewährter „Allrounder“ für die meisten hydraulischen Anwendungen.
- ISO VG 68
- Höhere Viskosität, geeignet für warme Temperaturen und erhöhte mechanische Belastungen.
- ISO VG 100
- Sehr dickflüssig, für extreme Belastungen und langsam laufende, robuste Hydraulikanlagen.
- ISO VG 15
- Temperaturspanne: Bei großen Temperaturschwankungen oder Außeneinsatz → HVLP/HV.
- Betriebsumfeld:
- Hohe Verschmutzung → HLPD / HVLPD.
- Brandgefährdung → Flammbeständige Hydraulikflüssigkeiten.
- Umweltsensible Bereiche → Biologisch abbaubare Varianten.
- Wartungsanforderungen: Öl- und Filterwechselintervalle, Sauberkeit, Wassereintrag.
7. Zusammenfassung
- HL, HLP, HVLP (nach DIN) bzw. HL, HM, HV (nach ISO/AFNOR) sind die gängigsten Hydrauliköl-Klassen.
- HL bezeichnet Basis-Schutz vor Korrosion und Alterung. HLP/HM enthält zusätzliche Verschleißschutzadditive, HVLP/HV hat einen hohen Viskositätsindex für den Einsatz bei wechselnden Temperaturen.
- HLPD bzw. HVLPD sind Spezialöle mit detergierenden Eigenschaften, jedoch nur national gebräuchlich.
- Die Wahl richtet sich nach Herstellerfreigabe, Temperaturbereich, Druckniveau und Umgebungsbedingungen.
- In Frankreich (AFNOR NF E 48-603) oder auf internationaler Ebene (ISO 11158 / 6743/4) gelten ähnliche Kürzel. Oft finden Sie eine direkte Entsprechung (z. B. DIN-HLP ↔ ISO-HM).
Wer mit Hydraulikölen arbeitet – egal ob in der Landwirtschaft, im Bauwesen, in der Industrie oder bei Flurförderzeugen – sollte die unterschiedlichen Normen und Kürzel kennen. Nur so lassen sich Fehlgriffe und daraus resultierende Ausfälle oder Schäden vermeiden. Im Zweifelsfall lohnt sich der Blick ins Handbuch oder die Rücksprache mit Experten und Herstellern, um das passende Öl nach der jeweils gültigen Normenkette auszuwählen.